Am Bildaltar

2010, U.A. Festival D.A.N.C.E., i-camp / Neues Theater München

WILHELM GROENER unternehmen in Am Bildaltar einen Trip durch die Bildgeschichte. 
Drei Performer, zwei Frauen und ein Mann, mäandern im Kaleidoskop der Vesperbilder: 
in der kontinuierlichen Produktion von Motiven und ihrer Transformation stellen sie zunächst 
vertraute dann zunehmend unerwartete Eindrücke her. Schmerz, Leid, Liebe und Lust, 
Versuchung und Erlösung oder: Drama und Komik – all das findet man am Bildaltar!

Dauer: 50 Min.
Performer: Anna Melnikova, Maria Francesca Scaroni, Günther Wilhelm

Ton:  Ti To
Licht: Wassan Ali

Eine Koproduktion mit DANCE 2010 und Schloss Bröllin e.V. (gefördert durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg Vorpommern) und die Koproduktionsförderung des Nationalen Performance Netz (ermöglicht durch die Kulturstiftung des Bundes). Mit freundlicher Unterstützung von Tanzwerkstatt Berlin/Tanz im August und Uferstudios Berlin.

Pressespiegel

»… Ein durch und durch geformtes Stück war schon am frühen Abend im kleinen i-Camp zu sehen gewesen. Am Bildaltar ist die nagelneue Produktion der Bildenden Künstlerin Mariola Groener und des Tänzers und Choreografen Günther Wilhelm, die seit 2001 als WILHELM GROENER zusammenarbeiten. Vor diesem Hintergrund leuchtet es ein, dass die beiden sich Gedanken gemacht haben über die Gesten und Haltungen auf Gemälden. Einige der Gemälde sind unschwer zu identifizieren, zuletzt Manets berühmtes »Déjeuner sur l’herbe« mit der nackten Frau im Vordergrund – interessanterweise, noch ehe die Tänzerin ihren Rücken entblößt. Die für ein Wiedererkennen des Bildes ausreichenden Informationen sind offenbar ihre Körperhaltung und die Position der beiden anderen Sitzenden zu ihr. Beim Betrachten manch anderer Bewegungs- und Stellungsabfolgen der drei Akteure (neben Wilhelm sind das Maria Francesca Scaroni und Anna Melnikova) wiederum blitzt nur am Rande eine Bild-Erinnerung auf. Am Bildaltar ist aber ohnehin weniger Ratespiel als Versuch, den Blick auf das Vertraute zu verändern. Plötzlich fällt einem auf, wie schrecklich unbequem einige der Posen sein müssen, die von Malern gern verwendet werden. Wie pathetisch, künstlich, in der Moderne auch affektiert andere wirken. Aber vor allem: wie viele Tote, Sterbende, Gequälte die Kunstgeschichte enthält – und freilich auch die Welt.«

Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau, 04.11.2010

»Welchen Stellenwert haben Bilder im Hinblick auf unsere Versuche, Bedeutung zu generieren? – Ein spannendes und auch auf schöne Weise ironisches Experiment stellte in dieser Hinsicht das Künstlerduo WILHELM GROENER Mittwochabend bei DANCE im Münchner i-camp vor. »Am Bildaltar« lautet sein Titel und es ist eine weitere, zugegeben auch anstrengende, da teils sehr spröde daherkommende Kostprobe der neuen Arbeitsweisen im zeitgenössischen Tanz, die das Festival heuer vorstellen und diskutieren will. Sechzig Minuten lang verfolgte also das Auge, wie Groener und die beiden Tänzerinnen Maria Francesca Scaroni und Anna Melnikova eine Vielzahl an Gesten, Haltungen, Posen und Figuren mit großer Ruhe und nur sehr langsam bewegt in unterschiedlichen Konstellationen in die Stille des leeren Bühnenraums hineinstellten. Der aussterbende Bildungsbürger erhielt mit einem Augenzwinkern ebenso seinen Erkenntnisraum wie der sich gedanklich und emotional hineinbegebende zeitgenössische Wahrnehmungsaktivist.«

Alexandra Karabelas, www.accesstodance.de, 04.11.2010

»… Im Kopf dagegen haftet »Am Bildaltar« des Berliner Duos WILHELM GROENER: Tänzer Günther Wilhelm und die bildende Künstlerin Mariola Groener entwerfen mit drei Darstellern einen kunsthistorischen Exkurs durch ikonografische Zitate – nicht ohne stille Komik …«

Gabriella Lorenz, Abendzeitung, 06.11.2010

»… Man starrt, erkennt das eine oder andere und siehe: Es geht ein Bild hinein und fängt im Herzen an zu sein. Das ist freilich nicht in jedem Augenblick fesselnd, sondern fordert Anstrengung und Willen zur Aufmerksamkeit. So wird diese meditative, fordernde Performance in ihrer in sich ruhenden Kargheit zur Antwort auf die Bilderflut.«

Jan Stöpel, Kulturvollzug, das digitale Feuilleton für München, 03.11.2010

»Am Bildaltar, eine Uraufführung des Berliner Duos Günther Wilhelm/Mariola Groener, ist eine gleitende Folge von nachgestellten, fein ironisierten frommen Maler-Motiven. Eine volle Stunde lang formen sich sanft-behende Zweier- und Dreier-Figuren: andachtsvoll ergeben, das Aug' gen Himmel, mit offenen Armen den Segen von oben erhoffend oder im eingefrorenen Laufschritt dem Bösen entfliehend.«

Malve Gradinger, Münchner Merkur, 05.11.2010

»Günther Wilhelm steht mit ausgebreiteten Armen, den Kopf leicht zur Seite gesenkt, auf der Bühne der Weddinger Uferstudios. Am Bildaltar heißt das Stück, das sie hier geben. Wilhelm stellt mittelalterliche Ikonografien nach. Keine Ironie trübt die fromme Märtyrerpose, die er einnimmt. Es ist ein ernsthaftes Nachspüren, Befragen, Erinnern. Ebenso, als Wilhelm sich niederlegt und Anna Melnikova und Maria F. Scaroni hinzu kommen, in erdfarbene Gewänder gekleidet, allerdings mit glitzernden Leggins darunter, und sie zu dritt das Vesperbild nachstellen. Ein klein wenig scheint etwas Irritierendes durch diese sehr ernsthaften Bemühungen Frömmigkeit, Mitgefühl und Annehmen des Leidens zu verkörpern. Vor allem Günther Wilhelm, der gemeinsam mit der Choreografin Mariola Groener die Compagnie WILHELM GROENER bildet, kann so etwas: Ganz und gar bei der Sache sein, und trotzdem ist da noch etwas zweites, anderes in ihm, das so etwas wie ein abgelöstes Eigenleben führt. »Am Bildaltar« ist die letzte von einer ganzen Reihe von Arbeiten, die die Compagnie WILHELM GROENER aus Anlass ihres zehnjährigen Bestehens in den Uferstudios zeigen. Noch weiß man nicht, worauf der Abend hinlaufen wird. Auch nicht, als die Rollen getauscht werden, als sich eine der beiden Tänzerinnen auf den Boden legt und Günther Wilhelm die Pose der um ihren Sohn trauernden Maria einnimmt. Nur das bemerkt man: So fest eingeschrieben haben sich die Bilder, dass sie im Geschlechtertausch nicht funktionieren. Obwohl auch jetzt alle drei Beteiligten sehr kunstvoll, präzise und ausdrucksstark die Piéta wiedergeben. Die mittelalterliche Frömmigkeit, so stellt sich nun aber auch bald heraus, hat Mariola Groener und Günther Wilhelm, gar nicht interessiert. Eher das, was sie dahinter sehen an unterdrückten Gefühlen, Angst, Wut, Begehren. Das ist alles genau gearbeitet. Die beiden Choreografen, so heißt es in einem Porträt, würden sich hervorragend auf das dialektische Verhältnis zwischen dem, was wir wissen und dem, was wir sehen, verstehen. In Am Bildaltar spielen Wilhelm und Groener genau damit. Mit all dem Unsichtbaren, das dem Vesperbild eingeschrieben ist.

Michaela Schlagenwerth, Berliner Zeitung, 06. Juni 2011

Trailer »Am Bildaltar« - Aufzeichnung www.tanzforumberlin.de

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